Wenn man schon mal in New York ist, sollte man auch auf ein Hochhaus „steigen“ und die Welt aus luftiger Höhe betrachten.

Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten, die alle kostenpflichtig sind, und wir entscheiden uns für The Edge, denn hier gibt es zum grandiosen Ausblick auch noch ein weiteres Highlight.

Vorher aber wollen wir ausgiebig spazieren gehen, nämlich entlang der High Line, einer ehemaligen Hochbahntrasse, die mithilfe einer Bürgerinitiative dem Abriss entkommen ist und zu einem der interessantesten Städteparks der Welt umfunktioniert wurde. Auf einer Strecke von 1,5 km kann man in luftiger Höhe von 20 m über der Straße durch den Meatpacking District (der bis vor einigen Jahren genau das war, was der Name sagt: das Metzgerviertel) bis zum Hudson laufen.

So der Plan. Nach mehreren hundert Metern findet unser Spaziergang ein jähes Ende.

Der Weg ist wegen Renovierungsarbeiten gesperrt. Leider gibt es keine Informationen darüber, ob er vollständig gesperrt ist oder ob wir an einem anderen Aufgang weiterlaufen können. Auch Hotelangestellte oder Polizisten wissen das nicht. (Diese Unwissenheit haben wir schon öfter festgestellt: Selbst in Gebäuden kennen sich Mitarbeiter nicht mal auf ihrer Etage aus.)

Nach kurzer Überlegung ziehen wir den Programmpunkt „The Edge“ vor. Wir sehen das Gebäude zwar (rechts im Bild; „The Shed“ ist ein Kulturzentrum), finden aber den Ticketverkauf nicht. Es gibt wohl einen Kiosk mit dem Hinweis „Tickets here“, aber es ist niemand da.

Zum Glück habe ich die App Getyourguide auf meinem Mobilfunkgerät und an dieser Stelle vielen Dank für den tollen Tipp an meinen Nachbarn Martin. Die App ist nicht nur für New York grandios, sondern für viele andere Städte auch.

Also Tickets über Getyourguide gebucht und uns dann auf die Suche nach dem Eingang gemacht. Man muss tatsächlich erst ins Einkaufszentrum und wird dann geleitet.

Schon der Weg zum Aufzug mutet futuristisch an.

Aufzugführer achten darauf, dass nicht zu viele Leute im Aufzug sind, und dann geht es schon los in die luftige Höhe von 100 Stockwerken. Die letzte Etage Nr. 101 auf die Aussichtsplattform ist über eine Treppe zu erreichen.

Und dann steht man auf der Außenplattform und ist erst mal platt. Also ich zumindest. Die Plattform ist rundum mit Plexiglasscheiben gesichert – aber ob die halten? Natürlich halten sie, aber das mulmige Gefühl bleibt. Und hier oben weiß man auch, woher der Name kommt: Die Plattform bildet ein Dreieck.

Ein sehr beliebtes Fotomotiv sind die drei Gebäudeecken, in die man sich drängt, um sich quasi schwebend vor dem Hintergrund des Hudson (oder der Stadt) fotografieren zu lassen. Das wollen natürlich viele Menschen und so heißt es auch hier: Schlange stehen. Vor uns ist eine Gruppe von vier Menschen, die sehr viele Aufnahmen machen müssen. Zu Zweit, zu Dritt, jeder alleine … und das Ganze bei 38 °C in praller Sonne. Aber alle hier oben sind so gut gelaunt, dass es kein Gemurre gibt, egal wie lange die Fotosession dauert. Auch wir Wartenden haben unseren Spaß. Ein italienisches Pärchen hinter uns macht gerne Fotos von Gitti und mir und wir revanchieren uns mit Pärchenfotos von den beiden. 

Die Aussicht von der Plattform ist wirklich fantastisch und ich kann gar nicht genug Fotos machen. Wie hoch wir hier sind, sieht man an den Fotos, auf denen die Autos gar nicht mehr als solche zu erkennen sind – von Menschen ganz zu schweigen.

Das letzte Bild ist übrigens auch herangezoomt.

Was The Edge so besonders macht, ist ein Glasausschnitt im Boden der Plattform, durch den man bis ganz nach unten gucken kann. Viele Besucher legen sich auf das Glas und lassen sich fotografieren. Das sieht aus, als würden sie in freiem Fall vom Hochhaus stürzen. Ich traue mich nicht, auf das Glas zu treten, und auch der Blick nach unten ist nur kurz. Ich habe eigentlich keine Höhenangst, aber das hier …

In der 100. Etage gibt es ein recht ungemütliches Café und den obligatorischen Souvenir-Shop, in dem es neben allen möglichen Dingen, die die Welt nicht braucht, auch sehr schöne Bildbände von New York gibt. Ich überlege kurz, verkneife es mir aber – was letztendlich gut war, denn meine Freundin Gitti hat mir abends einen dieser Bildbände geschenkt (über den ich mich riesig gefreut habe) und sich selbst auch einen gekauft, damit wir gemeinsam in diesen Erinnerungen schwelgen können.

Bevor man aber in diesen Shop kommt, muss man durch einen Raum mit scheußlichbunten Papierblumen. Der wird von Touristen gerne für Erinnerungsfotos genutzt (Dinge gibt’s …)

Vor The Edge steht noch ein merkwürdiges Gebilde, das irgendwie an ein Wespennest erinnert. Es ist ein interaktives Kunstwerk, das aus einer Wendeltreppe besteht, die die Besucher besteigen können und so eine neue Perspektive auf die Stadt bekommen sollen (so die Künstler).

Den Rest des Tages verbringen wir noch mit einem Bummel am Hudson entlang, wo wir weitere interessante Dinge sehen.

Dieses Kunstwerk ist von Daniel Anderson und trägt den Titel „XO World“. Die Hände stehen für Gleichheit, Verbundenheit, Frieden und Liebe.

Auf der anderen Straßenseite befindet sich ein Einkaufszentrum mit allem, was gut oder zumindest teuer ist. Aber es hat eine sehr ansprechende Architektur und so durchstreifen wir es, ehe wir uns noch ein bisschen am Hudson ausruhen.

Abends gehen wir in einem sehr schönen Restaurant essen, das dazu noch eine Roof Top Bar hoch oben in den Wolken hat – aber auch die hat geschlossen! Geschlossene Sehenswürdigkeiten scheinen heute unser Schicksal zu sein. Das wäre zwar ein schöner Abschluss eines wie immer ereignisreichen Tages gewesen, aber auch ohne Cocktail kehren wir zufrieden ins Hotel zurück.