Mitternacht . 19 Grad Celsius. Nach einem äußerst angenehmen und aufregenden Flug von 6 Stunden mit Emirates Airlines in einer Boeing 777 mit knapp 400 Passagieren an Bord landen wir auf unserem Weg nach Indien in Dubai…  Hier herrscht ein Betrieb wie auf dem Essener Hauptbahnhof zur Hauptverkehrszeit! Alle Duty-Free-Shops sind selbstverständlich geöffnet – und wer darf auch hier keineswegs fehlen? Natürlich … Starbucks und McDonalds.

Der Flug bis Dubai war schon ein Erlebnis. Wir hatten offensichtlich das Verwöhnprogramm gebucht: Sämtliche Getränke, von Alkohol bis Zitronenlimo,  wurden im Viertelstundentakt gereicht  und es blieb kein Wunsch offen. Und auch das Essen war hervorragend!

Wenn wir nicht gerade mit Essen und Trinken beschäftigt waren, bot das Unterhaltungsprogramm genug Abwechslung: 384 Kanäle zeigten die neuesten Kinofilme, alte Schinken, Zeichentrickfilme für die Kleinen, Rockkonzerte und natürlich Bollywood!  

Um  5:00 h geht es dann weiter, unserem Endziel entgegen, und pünktlich um 9:10 h landen wir auf dem International Airport  Indira Ghandi in Neu-Delhi. 

Indien empfängt uns mit  kalten 10 °C und – man glaubt es kaum – man kann die Hand vor Augen nicht sehen: Über Delhi liegt eine Dunstglocke und die benzin- und abgasgeschwängerte Luft macht das Atmen extrem schwer.

Ein wenig erinnern wir uns hier an den Film „Exotic Marigold Hotel“. Wie die Reisenden in dem Film, warten auch wir vergeblich darauf, abgeholt zu werden. Nach ein paar Telefonaten mit dem deutschen Reiseveranstalter können wir aufatmen. Der Fahrer ist unterwegs. Auf dem Weg dann zu unserem ersten Quartier können wir uns recht eindrucksvoll davon überzeugen, dass hier der Verkehrskollaps nicht mehr nur droht, sondern längst gelebt wird. Sehr gut ausgebaute Straßen wechseln sich mit Lehmwegen und Schotterwegen ab, die den Autos (und auch den Insassen) wirklich viel abverlangen. Dazwischen flanieren abgemagerte Kühe, mal einzeln, mal in Gruppen. Begleitet wird unsere Fahrt von einem ständigen Hupkonzert. Warum das so ist, habe ich erst auf meiner zweiten Reise nach Indien erfahren. Offensichtlich unterhalten sich die Fahrer mit ihren Hupen untereinander. Von fernöstlicher Geduld ist hier jedenfalls nichts zu merken.
Unsere erste Unterkunft befindet sich in einem Vorort von Delhi. Wir werden von der Frau des Hauses, Lakshmi, empfangen, die uns als erstes unser Zimmer zeigt und uns dann zum Tee einlädt. In ihrem Wohnzimmer, dessen Wände mit Fotografien malerischer Männer und Frauen bedeckt sind, besprechen wir unser heutiges und morgiges Programm.

Mittlerweile ist es Mittag geworden. Der Smog hat sich aufgelöst und die Sonne lacht vom Himmel. Im Haus ist es immer noch recht kühl. Nach der langen Nacht sind wir etwas schläfrig geworden. Doch jetzt steht unser erstes indisches Mittagessen auf dem Tisch: Reis, Chapati, Dalsuppe, Salat mit Panir, dem indischen Weichkäse, Hühnchencurry und eine köstliche Süßspeise aus Kokos und Roter Bete.  Nach dem opulenten  Mahl müssen wir nun doch endlich eine kleine Ruhepause einlegen.  Für den Nachmittag ist Sightseeing und am Abend ein Treffen mit einem indischen Übersetzerkollegen geplant. Wie uns versichert wurde, müssen wir uns keine Gedanken darüber machen, dass wir verloren gehen könnten. Unser Fahrer bleibt die ganze Zeit bei uns und wird uns wieder heil nach Hause bringen.

Am Nachmittag – es sind immer noch gut 25 °C und das im Februar – nehmen wir die ersten Sehenswürdigkeiten in Augenschein. Hier schließen alle Museen und Monumente um 17:00 h, daher bleibt uns nicht viel Zeit. Als erstes begeben wir uns ins Regierungsviertel  Man glaubt sich schon wieder in einer anderen Welt: Gepflegte Parkanlagen trennen das Parlamentsgebäude von den Ministerien und dem Präsidentenpalast. Alles sieht so sauber aus, als sei hier gerade erst gefegt worden. Ganz im Gegensatz zu den umliegenden Vierteln, durch die gekommen waren.

Unser Guide, Major Chandrakhan, berichtet, dass wir unglaubliches Glück haben, weil es gestern geregnet hatte. Deswegen sei die Luft so schön klar (ach ja?), ansonsten sei es in Delhi unglaublich staubig.

Nach der politischen Bildung wollen wir noch ein bisschen die Sonne nutzen und besuchen einen nahe gelegenen Park. Hier bekommen wir zufällig ein ganz besonderes Event mit: Life and Tradition of the Mahabharata. Das Mahabharata ist ein indisches Epos, dessen Entstehung nicht genau bekannt ist, vermutlich aber um 400 v. Chr. datiert. Rund drei Wochen wird in diesem Park die alte Tradition wieder aufleben, und zwar in Form von Theater- und Musikstücken, die vor dem malerischen Publikum lautstark aufgeführt werden. Interessanterweise sind wir die einzigen Touristen und auch im Museum für Fotografie, das sich im Park befindet, gibt es keine Touristen. Abgerundet wird die Volksbelustigung noch durch eine Fressmeile, auf der es verführerisch riecht, und einen Kunsthandwerkermarkt, auf dem allerlei Handwerkliches wie Scherenschnitte, Masken, Wandbehänge usw. angeboten wird.

Der Abend dann mit unserem indischen Kollegen ist sehr nett und vor allen Dingen informativ, und wenn wir vom Flug nicht so völlig geschafft gewesen wären, hätte es auch noch ein längeres Beisammensein werden können.
Als wir aus dem Lokal kommen, stellen wir fest, dass der Smog die Stadt wieder voll im Griff hat. Ob wir uns wohl an diesen Gerüche gewöhnen?
Der Verkehr ist wirklich unfassbar. Die meist dreispurig gut ausgebauten Straßen in jeder Richtung sind nicht durch irgendwelche Barrieren getrennt. Das bedeutet, dass die Fahrzeuge wild durcheinander fahren und niemand sich so richtig an seine Fahrtrichtung hält. Verkehrszeichen gibt es keine und Regeln offensichtlich auch nicht. Jeder deutsche Autofahrer bekäme wahrscheinlich einen Anfall, wenn er von beiden Seiten von anderen Fahrzeugen so dicht bedrängt wird, dass kein Haar mehr dazwischen passt. Hier interessiert das niemanden. Das ausdauernde Hubkonzert scheint sich abends noch zu verstärken und wir haben uns schon auf eine laute Nacht eingestellt.
Wir sind jedenfalls gespannt, was der morgige Tag uns bringt. Es ist weiter Sightseeing angesagt, ehe wir den Nachtzug nach Jaipur besteigen.