Über einen Park ohne Gras, einen Heiligen ohne Namen und die Frau, die als erste in Europa einen Doktortitel erwarb …

Nicht nur Goethe war fasziniert von Italien, auch andere deutsche Schriftsteller wie Lessing, von Hofmannsthal, Hesse, Hauptmann und die Manns, um nur einige zu nennen, bereisten dieses Land mit unterschiedlichen Absichten und aus den verschiedensten Motivationen heraus.

Ich bin hier, um ein paar schöne Tage unter südlicher Sonne zu genießen, und bin gespannt, welche Welten sich mir erschließen.

Nach gut 12 Stunden Zugfahrt mit der Deutschen Bahn komme ich nachmittags in Padua an. Die Fahrt zum Hotel entlang der alten Stadtmauer lässt schon ahnen, dass wohl viele architektonische Schönheiten auf mich warten.

Nach dem Einchecken und einer kurzen Ruhepause geht es dann auch schon los zum ersten Stadtrundgang. Meine Fremdenführerin Sibylle kennt sich sehr gut aus und weiß Dinge zu berichten, die wahrscheinlich in keinem Reiseführer stehen.

Zunächst schlendern wir zum Prato della Valle (auch „Park ohne Gras“ genannt, weil dieser Platz tatsächlich mehr oder weniger zubetoniert ist), dem mit 90.000 m² drittgrößten öffentlichen Platz in Europa, umsäumt von 78 barocken Statuen. Angelegt wurde er 1775 und ist seitdem beliebter Treffpunkt von Einheimischen und Touristen. Wer Zeit hat, sollte ihn sich in Ruhe anschauen und ein wenig verweilen.

Prato della valle

Vorbei geht es am Botanischen Garten (Orto Botanico), der schon 1545 angelegt wurde und seit 1997 zum Unesco-Weltkulturerbe gehört.

Als nächstes erreichen wir die Basilica di Sant’Antonio, eine der berühmtesten Kirchen Italiens. Der heilige Antonius ist in Padua übrigens namenlos. Wenn man von ihm spricht, heißt es immer nur „il santo“ (der Heilige – es gibt halt nur einen). Natürlich dürfen auch hier, wie immer, wenn man einen Heiligen sein Eigen nennt, Reliquien nicht fehlen: Von il Santo ruhen in der Basilika sein Unterkiefer und seine Stimmbänder … gruselig, mögen sie auch noch so heilig sein.

Basilica di Sant'Antonio

Weiter geht es zur Universität Paduas, die auch heute noch die angesehenste medizinische Fakultät des Landes beherbergt. Die Università degli Studi di Padova ist nach Bologna und Modena die drittälteste Universität Italiens. Sie wurde 1222 gegründet und zu ihren wichtigsten Persönlichkeiten zählt sicherlich Galileo Galilei, der 1592 den Lehrstuhl für Mathematik übernahm. Die Sprösslinge berühmter und hochherrschaftlicher Familien studierten hier, wovon die Wappen erzählen, die im Innenhof an den Wänden angebracht sind. An dieser Universität erhielt Elena Lucretia Cornaro Piscopia am 25. Juni 1678 als erste Frau der Welt einen Doktortitel (sehr zum Missfallen der Kirche).

Palazzo del Bò
Wappen in der Universität

Und nun erobern wir die drei wohl berühmtesten Piazze von Padua: die Piazza della Frutta, die Piazza delle Erbe und die Piazza dei Signori. Die beiden ersten Plätze waren früher wichtige Markt- und Handelsplätze und auch heute finden hier noch die Wochenmärkte statt.  An einem Ende des Piazza della Frutta befindet sich der Palazzo della Ragione, das Gerichtsgebäude, ein bemerkenswerter Bau mit fantastischen Arkaden, der nach einer Bauzeit von 47 Jahren 1219 fertiggestellt wurde. Unter seinem Dach befindet sich ein Saal von unvorstellbaren Ausmaßen: 81 m lang, 27 m breit und 24 m hoch – und das ganz ohne Säulen! Hier wurde in früheren Zeiten Recht gesprochen, wobei das Sternzeichen des Delinquenten keine unerhebliche Rolle spielte. War ein Sternzeichen mit besonderen negativen Eigenschaften verbunden, war auch die Chance recht groß, dass das Urteil schon vor der Verhandlung feststand.

Palazzo della Ragione
Astronomische Turmuhr

Die Piazza dei Signori mit dem berühmten Turm der astronomischen Uhr am Palazzo del Capitano war lange Zeit das Machtzentrum Paduas. Hier saßen die venezianischen Herrscher. Heute sitzen hier eher Einheimische und Touristen und genießen abends ihren Apéro. 

Überhaupt lässt sich auf diesen Plätzen so Einiges genießen und das Angebot ist reichhaltig. Auch werden keinesfalls um 22 Uhr die Bürgersteine hochgeklappt, im Gegenteil, dann beginnt der abendliche Trubel erst – eben typisch südländisch.

Buntes Treiben

Sollte dann noch Zeit und Lust auf mehr Kultur vorhanden sein, bietet sich eine Besichtigung der Cappella degli Scrovegni an – für Kunstbeflissene ein Muss und Highlight zugleich. Wir hatten das Glück, von Lorella Forcella durch diese Kapelle geführt zu werden, die uns nicht nur mit ihrer Fähigkeit des Schnellsprechens, sondern vor allem durch ihre Kenntnisse beeindruckte. Schnellsprechen ist in diesem Falle übrigens kein Makel, sondern eher ein Plus, denn der Aufenthalt in der Kapelle ist auf maximal 15 Personen für höchstens 15 Minuten begrenzt, um das Mikroklima in der Kapelle nicht zu zerstören und damit auch diese unermesslichen Kunstschätze vor der Zerstörung zu bewahren. Die Besucher dürfen auch nicht „einfach so“ in die Kapelle, sondern werden zunächst ebenfalls 15 Minuten akklimatisiert. In dieser Zeit läuft ein Film ab, der mit der Kapelle und ihrer Geschichte vertraut macht. Erbaut wurde die Cappella degli Scrovegni von Enrico Scrovegni, um seinem Vater Rinaldo, einem recht skrupellosen Banker und stadtbekannten Wucherer, das Fegefeuer zu ersparen. Damals glaubte man noch daran, sich mit dem Bau eines Gott gefälligen Bauwerks von allen Sünden reinwaschen zu können, heute sorgt das Finanzamt für den entsprechenden Ablass. Ausgestaltet wurde die Kapelle von Giotto di Bondone, einem schon im Mittelalter (und natürlich auch heute noch) hoch angesehenen Künstler, der schon damals so plastisch gemalt hat, dass man seine Bilder eigentlich anfassen möchte, um festzustellen, ob er wirklich „nur“ gemalt hat.

Cappella degli Scrovegni
Scrovegni von innen

Und wer jetzt von lauter Kunst und Architektur genug hat, dem sei bei lauen Abendtemperaturen eine kleine Bootstour ans Herz gelegt. Padova Navigli verspricht eine Happy Hour der besonderen Art. Das Party-Boot legt um 21:30 Uhr ab, aber bevor der DJ den Gästen einheizen kann, geht es noch einmal um die Historie Paduas und auch über die Entstehung des Kanals sowie der unzähligen Brücken, die die Partygäste unweigerlich in die Knie zwingen – im wahrsten Sinne des Wortes. Manche Brücken sind so niedrig, dass sich die Anwesenden an Deck tatsächlich sehr tief beugen und in Knie gehen müssen. Das tut der Stimmung aber absolut keinen Abbruch. Nach einer Schleusenfahrt geht es dann zurück zum Ausgangsort, wo wir um Mitternacht wieder anlegen. Wem das immer noch nicht reicht, kann sich noch in das Padoveser Nachtleben stürzen.

In batello su navigli
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Padova Navigli

Das ist nur eine kleine Auswahl der Sehenswürdigkeiten. Es gibt noch so viele andere Dinge zu entdecken und durch ihre Lage ist Padua ideal für Ausflüge in andere Städte in der Nähe.

Gesehen und erlebt im September 2015.