Unverhofft kommt oft, wie man so schön sagt. Das Schiff, das mich die norwegische Küste entlang fahren sollte, hat Verspätung und ich daher drei Tage Zeit, mir Bergen anzuschauen – und das bei fantastischem Wetter Ende Januar.

Ich wohnte selbstredend im alten Hanseviertel, genauer gesagt in „Det Hanseatiske Hotel“ direkt im mittelalterlichen Stadtviertel Bryggen und zentral zu vielen der Sehenswürdigkeiten gelegen. Das Hotel, ganz aus Holz, mit schiefen Böden und kleinen Butzenfenstern wie dem 16. Jahrhundert entsprungen, beherbergt seine Gäste in großen, recht luxuriös ausgestatteten Zimmern.

Und nur ein paar Schritte entfernt befindet man sich im Hanseviertel und fühlt sich in genau diese Zeit und das wichtigste Kapitel in der Geschichte Bergens versetzt: die Hansezeit und das Leben der Kaufleute vom 13. bis Mitte des 17. Jahrhunderts.

Ein bisschen Geschichte

Bergen wurde im Jahr 1070 gegründet und entwickelte sich schnell zu einem wichtigen Handelszentrum für die Hanse. Das letzte der vier hanseatischen Kontore wurde 1360 gegründet und konnte sich fast 400 Jahre (bis 1766) halten. Das Kontor der deutschen Hanse, das fast ein Monopol auf den Export von Stockfisch und Tran, aber auch auf Felle und Häute hatte, importierte im Gegenzug Getreide, Mehl, Malz und Bier. Es belegte ein eigenes Viertel im Stadtzentrum, nämlich Bryggen, in dem mehr deutsche als norwegische Handelsleute wohnten, die zeitweise über ein Viertel der Bevölkerung Bergens ausmachten. Das Viertel brannte in diesen 400 Jahren mehrmals ab, wurde aber immer wieder aufgebaut. Zuletzt gab es 1702 das größte Feuer überhaupt, trotzdem konnte viel von der Architektur erhalten bleiben oder die Häuser wurden im selben Stil wieder aufgebaut. Das Viertel gehört heute zum UNESCO-Welterbe und in den Häusern befinden sich  kleine Mode- und Souvenirgeschäfte sowie schöne, feine Restaurants.

Die in Bryggen gelegene Marienkirche entstand im 12. Jahrhundert und war ab ca. 1408 die „Kirche der Deutschen“ (nämlich der deutschen Kaufleute) und auch heute noch werden in der Messe Lieder auf Deutsch gesungen.

Doch nun genug mit der Geschichte. Bergen hat ja noch viel mehr zu bieten.

Bergen ist, wie der Name sagt, in den Berg gebaut. Das heißt, es geht ständig bergauf und bergab. Außerhalb des Hanseviertels sind die Straßen gut asphaltiert, aber in der Altstadt überwiegt Kopfsteinpflaster, was für weniger geübte Spaziergänger durchaus strapaziös sein kann.

Ganz in der Nähe des Hanseviertels befindet sich die Station der Fløibanen, eine Standseilbahn, mit der man sich bis zum Gipfel des Fløyen befördern lassen kann, um Bergen von oben zu bewundern. Neben der grandiosen Aussicht erwartet die Besucher ein schönes Café und für Kinder gibt es einen Spielplatz sowie einen Trollwald. Von dort aus gibt es Wanderwege, die wieder hinunter nach Bergen führen, was aber im Winter nur mit dem entsprechenden Schuhwerk anzuraten ist.

Eine weitere Möglichkeit, Bergen von oben, aber aus einem anderen Blickwinkel zu sehen, ist die Fahrt in den Gondeln der Seilbahn hinauf zum Ulriken, dem mit 643 m höchsten Hausberg. Der Blick auf Berge, Fjorde und den Schärengarten ist tatsächlich überwältigend. Fotos können diese Schönheit auch nicht annähernd wiedergeben.

Nach so viel Sigthseeing darf auch das leibliche Wohl nicht zu kurz kommen. In Bergen gibt es rund um das Hanseviertel sehr schöne unterschiedliche Restaurants für eigentlich jeden Geschmack. Dass Fisch immer auf der Speisekarte steht, verwundert wohl nicht. Was der Besucher bei all den kulinarischen Köstlichkeiten Norwegens aber auf keinen Fall verpassen darf, sind die berühmten Zimtschnecken, die Kanelboller, zusammen mit einer leckeren Tasse Kaffee, Tee oder Kakao.

Dies ist meine erste Reise in ein nordisches Land und ich war gespannt, was mich erwartet.  Einiges ist doch sehr ungewohnt für mich. Beispielsweise dass hier jeder noch so kleine Betrag mit der Kreditkarte bezahlt wird (und außerhalb von Bergen ist es enorm schwierig, eine Bank oder einen Geldautomaten zu finden, selbst in größeren Ortschaften). Das fühlt sich auch jetzt noch komisch an. Oder dass es unterschiedliche Preise im Bus für die gleiche Strecke gibt. Zur Ulriksban mit dem Bus mussten wir 20,00 NKR, also ungefähr 2,00 EUR bezahlen. Auf dem Rückweg hätte diese Strecke 40,00 NKR gekostet. Hätte. Leider (oder zum Glück) war das Kartenlesegerät im Bus defekt und ich durfte mit amtlicher Genehmigung schwarzfahren. (Ich stelle mir die Situation gerade in Deutschland vor.)

Auch an die Preise muss man sich erst gewöhnen. Zurzeit kostet ein Liter Benzin rund 2,30 EUR. Und auch Essen gehen, Kaffeespezialitäten, Getränke sind ca. 2 – 3 Mal so teuer wie in Deutschland. Das war schon ein kleiner Schock.

Trotzdem: Bergen ist absolut eine Reise wert, sicher nicht nur im Winter – aber drei Tage sind entschieden zu kurz!