Nach Padua und Verona geht’s jetzt nach Venedig

Auch wenn dieser Besuch zehn Jahre her ist, tut das meinen Erinnerungen ja keinen Abbruch. Und ich erinnere mich auch sehr gut an zwei Vorurteile:

Venedig im Sommer stinkt

Im Sommer gibt es zu viele Touristen

Um es gleich vorwegzunehmen: Beide Vorurteile stimmen. Es liegt zeitweise schon ein ziemlich fauliger Geruch in der Luft und die vielen Touristen sorgen dafür, dass man von der Schönheit Venedigs nicht mehr viel mitbekommt – und damals wurde noch kein Eintritt verlangt!

Aber es ist, wie es ist, und man macht halt das Beste daraus.

Von Padua aus fährt man eine halbe Stunde mit dem Zug bis zur Station Santa Lucia.

Dort kann man sich in ein Vaporetto setzen und auf dem Canal Grande bis zu San Marco fahren. Oder man macht es wie ich, kauft sich einen Stadtplan und läuft einfach mal los: immer Richtung Rialto-Brücke. Drei Stunden später, nach vielen interessanten Plätzen und Schleifen und dem einen oder anderen Zickzackkurs erreiche ich dann endlich San Marco.

Aber mal der Reihe nach. Verlässt man den Bahnhof, fällt der Blick sofort auf San Simeone Piccolo, eine Kirche, die den Aposteln Simon und Judas Thaddäus geweiht ist. Sie ist einer der ersten Bauten in Italien, der dem Klassizismus zuzuordnen ist. In dem hohen Sockel der Kirche befindet sich eine Begräbnisstätte. Aber wer dort begraben ist … Chissá!

Selbst so weit außerhalb des Zentrums ist man vor Touristen nicht gefeit. Die Stadt ist wirklich überfüllt und je weiter man auf San Marco zugeht, umso voller wird es.

Ein paar Minuten später stehe ich vor der nächsten Kirche: San Geremia.

Der ursprüngliche Bau datiert aus dem 11. Jahrhundert und die Begründer, Mauro Tosello und sein Sohn, bewahrten hier einen Arm des Heiligen Bartholomäus auf (die Italiener scheinen ein Faible für merkwürdige Devotionalien zu haben). Später, 1174, wurde hier ein neues Gebäude errichtet und die jetzige Kirche stammt aus dem Jahr 1753. In der Kirche befinden sich heute die sterblichen Überreste der am meisten verehrten Heiligen der Christenheit: Lucia von Syrakus. Sie musste 1861 aus der Kirche Santa Lucia „umziehen“, als diese dem Bahnhof weichen musste. 1955 ließ Angelo Roncalli (der spätere Papst Johannes XXIII.) das Gesicht der Heiligen mit einer silbernen Maske bedecken, um es vor Staub zu schützen. 1981 kam es zu einer denkwürdigen Entführung der Heiligen, die aber im selben Jahr gut ausging. Lucia ist wieder zu Hause.

Hier die Ansicht von der Stadtseite aus.

 

Und so sieht sie vom Canal Grande her aus, mit der Inschrift Lucia Vergine di Syracusa in questo tempio riposa. All’Italia e al Mondo ispiri luce e pace (In diesem Tempel ruht die Jungfrau Lucia von Syracus. Möge sie Italien und der Welt Licht und Frieden bringen) – das können wir brauchen, heute mehr denn je.

Weiter geht es in Richtung San Marco. Ich gebe zu, teilweise komme ich sehr vom Weg ab, aber dafür werde ich dann mit (fast) menschenleeren Gassen belohnt.

Als Nächstes kreuze ich die Kirche La Maddalena, ein besonderes Beispiel der Neoklassik. Der Bau, einem Pantheon nachempfunden, begann 1760. Im Inneren befinden sich vier Seitenkapellen und ein Chorraum. Über dem Eingangsportal befindet sich das „Auge der Vorsehung“, eingerahmt in einem mit einem Dreieck verschlungenen Kreis. Darunter stehen die Worte Sapientia Aedificavit Sibi Domum (zu Deutsch: Die Weisheit hat dies Haus gebaut).

Solltet ihr es noch nicht bemerkt haben: Ich habe ein Faible für Kirchen!

Aber was wäre Venedig ohne den berühmten Karneval? Natürlich gibt es an jeder Ecke und in jedem Souvenirladen Masken aller Art zu kaufen – aber dieser Laden hier war die Krönung.

Und an der nächsten Ecke wartet dann ein berühmter Sohn der Stadt auf mich, der seiner Zeit damals sehr weit voraus war. Der aus Padua stammende Paolo Sarpi trat bereits im Alter von 14 Jahren in den Orden der Serviten ein und legte sich mit Papst Paul V. an, weil er die päpstliche Gewalt ablehnte und bereits im 17. Jahrhundert die Meinung vertrat, dass Staatsmacht und Kirche zu trennen seien. Ein kluger Mann, der Zeit seines Lebens verfolgt wurde.

Ein paar Meter weiter steht die nächste Kirche, das nächste Monument – und dazu die wunderschönen alten Fassaden. Es ist leider gar nicht möglich, alles zu beschreiben, was ich gesehen habe.

Doch auch Modernes ist in der Stadt zu finden, z. B. der Palazzo Mora. Hier stellten auf drei Etagen rund 50 Architekten ihre Werke in Form von Fotos, Modellen und in Videos aus. In die Ausstellung gelangte man durch einen schön angelegten Hof, in dem bereits einige Werke ausgestellt sind.

Womit ich allerdings nicht gerechnet habe, war, eine evangelische Kirche vorzufinden. Sie steht in der Nähe der Rialtobrücke und beherbergt die älteste lutherische Gemeinde außerhalb Deutschlands.

Leider wurde damals an der Rialtobrücke gebaut, so dass der üblicherweise romantische Blick auf den Canal Grande ein wenig getrübt war.

Als ich dann endlich an San Marco angekommen bin, wühle ich mich durch die Touristenströme und ergattere ein Vaporetto, mit dem ich nun zur Erholung bis zur Endstation (Lido) und dann zurück zum Bahnhof fahre. Schön, wenn man einen der wenigen Plätze im Heck an der frischen Luft ergattert und einen ungestörten Blick auf so viele architektonische Schönheiten bekommt. Den Markusplatz zu fotografieren, habe ich mir geschenkt.

Basilika Santa Maria della Salute

Und war wäre Venedig ohne seine Gondeln …

Fazit dieses anstrengenden Tages: Allen Vorurteilen um Trotz – Venedig ist immer eine Reise wert! Und ich werde gerne wieder zurückkommen und Dinge entdecken, die so in keinem Reiseführer stehen.