Mit ein wenig flauem Gefühl im Magen haben wir uns in den Zug gesetzt. Nach dreieinhalb Stunden steigen wir in Hiroshima aus und können mit unserem Japan Rail Pass einen der drei City-Busse nehmen, die sämtliche Sehenswürdigkeiten der Stadt anfahren.

Da wir aber mittlerweile erkannt haben, dass es keinen Sinn hat, sich wirklich jede Sehenswürdigkeit einer Stadt anzusehen, beschränken uns auf den Friedenspark und die Mahnmale, die mit dem Abwurf der Atombombe im Jahr 1945 in Verbindung stehen.

Der City-Bus hält zunächst an einem Einkaufszentrum und dem Nationalmuseum, bevor wir das Friedensdenkmal, den Atomic Bomb Dome, erreichen. Über diesem Gebäude explodierte am 6. August 1945 die Atombombe, setzte das Gebäude sofort in Brand und tötete alle dort anwesenden Personen. Die Gebäudestruktur, die jetzt noch zu sehen ist, hat den Brand überstanden und wird seitdem konserviert. 

Ein paar Meter weiter erreichen wir den Memorial Tower to the mobilized students, das Ehrenmal für die mobilisierten Schulkinder der Mittel- und Oberstufe, die aufgrund des Arbeitskräftemangels in Munitionsfabriken arbeiten oder alte Häuser und Gebäude einreißen mussten, um zu verhindern, dass sich Feuer im Falle eines Luftangriffs ausbreiten konnte. Von den rund 8.400 Kindern starben bei dem Angriff 6.300. Der Turm aus Eisen und Beton ist 12 m hoch und wird nach oben hin breiter.

In der Mitte steht die Friedensgöttin, begleitet von acht Tauben, die auf den fünf Etagen verteilt sind. Auf der Mittelsäule werden der Göttin Lichter dargebracht als Sinnbild für die ausgelöschten Leben.

Wir überqueren die Brücke über den Ota und erreichen den Friedenspark, wo uns als Erstes das Children’s Peace Monument erwartet.

Es steht zu Ehren aller Kinder, die entweder direkt oder an den Spätfolgen des Bombemabwurfs starben. Auslöser war der Tod von Sadako Sasaki, die im Alter von 2 Jahren verstrahlt wurde, später an Leukämie erkrankte und mit 12 Jahren daran starb. Ihre Schulkameraden starteten daraufhin einen Aufruf, ein Mahnmal für alle Kinder zu errichten, deren Tod auf die Bombe zurückzuführen war. Es beteiligten sich über 3.000 Schulen in Japan, und Spender aus neun Ländern sorgten dafür, dass dieses Mahnmal im Mai 1958 der Öffentlichkeit übergeben werden konnte. Die Inschrift lautet: Dies ist unser Ruf. Dies ist unser Gebet. Möge Frieden auf Erden sein.

Das Monument ist 9 Meter hoch und auf der Spitze befindet sich die Bronzestatue eines jungen Mädchens, das einen goldenen Kranich in die Höhe hält, der die Träume für eine friedvolle Zukunft in sich trägt. 

Im Inneren des Mahnmals befindet sich eine Glocke, an deren Glockenstrang ein Kranich hängt. Die Innenseiten des Turms sind beschriftet mit „Tausend Papierkraniche“ und „Friede auf Erden und im Himmel“.

Auf unserem weiteren Weg durch den schönen, ruhigen Park kommen wir zum Herzstück: die Friedensglocke. Ein Hinweis der Stadtverwaltung mahnt an, vorsichtig mit der Glocke umzugehen.

Eine weitere Tafel bittet den Besucher, die Glocke für den Frieden ertönen zu lassen.

Hier findet jedes Jahr am Tag und zum Zeitpunkt der Detonation der Atombombe eine Friedenszeremonie statt und mit der Glocke wird eine Schweigeminute eingeläutet.

Ein weiteres Monument ist der Atomic Bomb Memorial Mound, in dessen Innerem die Asche von Zehntausenden von unbekannten Opfern liegt.

Auf unserem Weg durch den Park erreichen wir das Ehrenmal für die 45.000 koreanischen Opfer der Atombombe. Es besteht aus einer Säule, die auf dem Panzer einer Schildkröte ruht. Die Inschrift lautet: Die Seelen der Verstorbenen reiten auf den Rücken der Schildkröten in den Himmel. Zum Zeitpunkt des Bombenabwurfs lebten rund 100.000 Koreaner in Hiroshima.

Die Wasserflaschen haben übrigens keine unachtsamen Touristen dort abgestellt, sondern man findet sie an vielen Denkmälern. Sie sollen – so habe ich gehört – den Durst der Opfer stillen.

Das Denkmal des Gebets wurde 1960 aufgestellt. Hier sollen Gebete für den Frieden stattfinden, um die Geister der Getöteten zu trösten. 

Zum Abschluss unseres Spaziergangs durch den Friedenspark erreichen wir das Ehrenmal für die Opfer des Atombombenabwurfs. Im Inneren des Kentographs, des Scheingrabes, befindet sich eine Liste aller namentlich bekannten Opfer, ungeachtet ihrer Nationalität, und jedes Jahr werden die Namen derjenigen hinzugefügt, die heute noch an den Folgen dieser Tat sterben.

Das Monument ist wie ein Dach geformt, um die Seelen der Getöteten zu schützen.

Die Inschrift lautet: Mögen alle Seelen hier in Frieden ruhen, denn wir werden die Katastrophe nie wieder zulassen.

Ein weiteres Monument in der Nähe der National Peace Memorial Hall ist das Monument 8:15. Zu diesem Zeitpunkt explodierte die Atombombe über Hiroshima. Das Wasser fließt im Gedenken an die Opfer, die nach der Explosion verdurstet sind.

Der Park umfasst rund 70 Ehren- und Denkmäler, die ich gar nicht alle im Einzelnen beschreiben kann. Daher hier nur noch ein paar Eindrücke aus dem Park.

Dieser Besuch ist bei aller Tragödie und allem Mitgefühl, allem Nachdenken und immer noch ein bisschen Ungläubigkeit, dass so etwas wirklich geschehen konnte, ein Muss, das ich jedem, der nach Japan kommt, ans Herz legen möchte.

Doch irgendwie hat der Weg durch diesen friedlichen Park mit seiner landschaftlich schönen Umgebung etwas Unwirkliches, Widersprüchliches. Er ist so schön angelegt und die Bänke im Schatten laden zum Verweilen und Entspannen ein. Fast vergisst man, welche Katastrophe sich hier abgespielt hat und wofür er eigentlich errichtet wurde.

Wir waren fast die einzigen Touristen im Park, wobei ich mich gefragt habe, warum wohl. Ist so viel schreckliche Geschichte zu unangenehm im Urlaub? Aber vielleicht war es auch nur die Hitze.

Hiroshima hat den Beinamen Stadt des Friedens sicher verdient, denn an keinem der Denkmäler oder Monumente wird auch nur ein Hauch Kritik an den Verursachern dieser Tat geübt. Der Tenor ist: Wir gedenken unserer Opfer und werden alles tun, um eine Wiederholung zu verhindern.

Hiroshima hat sicherlich noch sehr viel mehr zu bieten als nur den Friedenspark, aber ein Tag reicht auch hier nicht aus, um diese hochmoderne Mega-City entlang des Otas eingehend zu erkunden.

Am frühen Nachmittag geht es in nachdenklicher Stimmung zurück nach Kyoto.