Hakone

Der bekannte Onsen-Ort Hakone liegt nicht allzu weit von Tokio entfernt und wurde uns von Japankennern wärmstens empfohlen. Also machen wir uns auf den Weg. Der Shinkansen bringt uns recht schnell bis Odawara, von wo aus es mit dem Bus weitergeht.

Odawara

Da wir eine Bootstour auf dem Ashinoko-See machen wollen, scheint es uns sinnvoll, direkt bis zum See zu fahren. Der Ashinoko-See ist ein Kratersee, der vor mehreren tausend Jahren durch einen Ausbruch des Hakone-Vulkans entstanden ist. Hier verkehren mehrere Ausflugsdampfer, von denen aus man einen wunderbaren Blick auf den Fuji haben soll.

Die Ticket-Verkäuferin am Bus fragt, bis wohin wir fahren wollen, und auf die Antwort „zum See, wir wollen den Fuji sehen“ lacht sie lauthals und meint: „Kein Fuji“. Wie sollen wir das verstehen? Ist der Fuji vielleicht doch nur ein PR-Gag, wie wir langsam vermuten?

Auf der angenehmen Fahrt über den See in einem überfüllten Piratenschiff bekommen wir den Fuji tatsächlich nicht zu Gesicht – dafür aber ein paar schöne Aussichten.

Vor der Anlegestelle befindet sich eine kleine Gedenkstätte mit Jizo-Statuen, wo wir zum ersten Mal  die verblassten roten Lätzchen bemerken.

Wie ich später erfahre, handelt es sich bei diesen Statuen um Schutzgötter, die die Totenseelen ins Jenseits begleiten. Die Seelen von Kindern jedoch, die vor ihren Eltern sterben, bleiben in einer Zwischenwelt gefangen, da sie den Fluss Sanzu ins Jenseits nicht alleine überqueren können. Die Eltern dieser verstorbenen Kinder binden dem Schutzgott daher ein Lätzchen um, damit er ihrem Kind dabei hilft, den Fluss zu überqueren und Ruhe zu finden.

Von der Anlegestelle bis zur Innenstadt von Hakone sind es wieder etliche Kilometer. Wir überlegen hin und her und entscheiden uns dann doch für die Rückfahrt, da wir ja auch nicht genau wissen, wann der letzte Zug nach Tokio geht und es auch schon wieder relativ spät ist.

Also auch für einen Ort wie Hakone reicht ein Tag nicht aus.

Idylle aus dem Zugfenster

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Osaka

Nur eine halbe Stunde von Kyoto entfernt liegt Osaka, die drittgrößte Stadt Japans – und leider auch die schmutzigste und die meist überlaufene Stadt, die wir in diesen drei Wochen besucht haben. Müll liegt auf der Straße, Zigarettenkippen zieren die Wege. Schön ist anders. Dabei ist der Bahnhof so gepflegt wie überall in Japan.

Auf dem Weg nach Shinsaibashi kommen wir am „Hotelviertel“ vorbei. Wer möchte denn hier wohl Urlaub machen?

Shinsaibashi ist das alte Stadtzentrum von Osaka. Aber was heißt schon alt? Hunderte von modernen Hochhäusern säumen die Hauptstraße, an deren Fassaden bunte Leuchtreklamen verwirren. Und es ist voll. Und laut.

In der schmalen Dotonbori, der Straße mit den angeblich besten und vielseitigsten Restaurants, herrscht ein derartiges Gedränge, dass wir auf den Besuch verzichten.

Um dem Gewimmel wenigstens etwas zu entkommen, wollen wir auf dem Dotonbori eine Bootsfahrt machen und erhoffen uns schöne Eindrücke.

Was für eine Pleite! Das Boot fährt ca. 500 m flussaufwärts und dann wieder zurück. Der Guide redet die ganze Zeit japanisch und fordert die Gäste ständig auf, nach links und rechts zu winken, und zum Schluss dirigiert er ein Klatschkonzert. Wir fühlen uns ein bisschen veräppelt. Zumindest haben wir interessante Häuserfassaden gesehen.

Kommst du nach Osaka, vermeide unbedingt eine Bootsfahrt mit diesem Unternehmen!

Nach diesem fantastischen Erlebnis teste ich als nächstes ein Riesenrad, das auf der dritten Etage eines Kaufhauses installiert ist und ziemlich hoch hinausgeht. Bei einem Riesenrad sind zumindest keine größeren Überraschungen zu erwarten.

Ich bin nicht die einzige, die hier mitfahren will, wobei es vor allem japanische Touristen sind, die vor und hinter mir in der ziemlich langen Schlange stehen. Das gibt mir Zeit, mich mit den „Geflogenheiten“ vertraut zu machen. Die Kabine dreht sich nur einmal, nämlich um 180°, sobald man Platz genommen hat. Jeder allein reisende Gast erhält eine eigene Kabine, muss sich also nicht mit fremden Menschen auf der Fahrt vergnügen. Und jede Gondel fährt mit ihrer eigenen Gottheit. Welche da zur Verfügung stehen, kann man einem Plakat am Eingang entnehmen. Mich beschützt der Wächtergott der Reisenden, Kinder und schwangeren Frauen in meiner Gondel.

Das Riesenrad sorgt tatsächlich für einen guten Blick über Osaka bis hin zu den Bergen (kein Fuji in Sicht). Am höchsten Punkt erahnt man, in was für einem Häusermeer man hier gefangen ist.

Ich habe genug gesehen. Mir reicht es. Osaka hat sicher viele und wahrscheinlich auch schöne Sehenswürdigkeiten zu bieten, aber ich will hier nur noch raus. Dieser Trubel und die Lautstärke bringen mich an meine Grenzen.

Lustigerweise halten wir am Abend ein Schwätzchen mit dem Rezeptionisten in unserem Hotel, einem jungen Mann aus Irland, tätowiert und reichlich gepierct, der schon überall auf der Welt und in Japan gearbeitet hat. Auf die Frage, wo es ihm denn besser gefallen hat, ob in Tokio oder in Kyoto, antwortet er, ohne lange zu überlegen: in Osaka. Die Stadt sei einfach so viel toleranter als andere Städte in Japan, was ja für ihn (und er deutet auf seine Piercings und Tattoos) nicht ganz unerheblich sei. Ein verständlicher Standpunkt.

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Kinosaki – die Onsenstadt

Heute geht es mal wieder raus aus der Stadt! Schon eine Stunde hinter Kyoto wird die Landschaft richtig Landschaft. Grüne Wälder, Flüsse, kleine Dörfer – wie wohltuend nach all den Hochhausfluchten.

Nach 2,5 Stunden erreichen wir Kinosaki – in Deutschland würden wir sagen: ein Badekurort (Bad Sassendorf lässt grüßen). Hier befinden sich heilende Quellen in sieben öffentlichen Badehäusern (neben den zahlreichen Ryokans – typisch japanischen Gasthäusern – mit privaten heißen Quellen).

Besucher können einen Tagespass erwerben und damit den ganzen Tag jeden Onsen auch mehrmals besuchen. Gleich beim ersten Onsen erhält der Badewillige einen Yukata, einen leichten Baumwollkimono, sowie Geta, die japanischen Holzpantoletten, mit denen man den ganzen Tag durch Kinosaki flanieren kann – auch Restaurantbesuche sind so gekleidet möglich. Wir haben einige Leute in dieser typischen „Badebekleidung“ gesehen.

Aufgrund der Außentemperaturen (35 °C) haben wir allerdings auf einen Besuch im heißen Wasser verzichtet. Zum Baderitual selbst erzähle ich hier nichts, da hält Onkel Google ja etliche Seiten bereit.

Kinosaki ist eine reizende Kleinstadt, die außer den Onsen wenig zu bieten hat – außer einer Seilbahn bis zur Spitze des Berges Daishi, von wo aus man einen wunderbaren Blick auf die Stadt und bis zum Japanischen Meer hat.

Gesehen haben wir keine!

Auf halber Höhe befindet sich außerdem der über 1300 Jahre alte Onsenji-Tempel, der Schutztempel der heißen Quellen.

Ich hätte ihn mir gerne angesehen, aber auch hier, wie an vielen anderen Schreinen und Tempeln, gibt es für Menschen mit Gehbehinderungen keine Möglichkeit, die Stufen ohne Geländer zu erklimmen. Ich kann ja wirklich verstehen, dass man diese jahrtausendealten Stätten nicht verändern möchte, aber schade ist es trotzdem. So bleiben mir also nur die Außengebäude.

Please tie your fortune slip

Die Hauptstraße durchzieht ein Kanal mit zahlreichen kleinen Brücken. Ich könnte mir vorstellen, dass es abends, wenn hier alles beleuchtet ist, sehr heimelig aussieht.

Und natürlich fehlt es auch hier nicht an Restaurants, Cafés und Souvenirläden.

Bevor wir uns auf den Rückweg machen, gönnen wir uns noch einen Kaffee in einem schönen alten Café, mit schönem Geschirr und dem besonderen Etwas.

Nach 4 Stunden endet unser Besuch und wir fahren mit dem Zug zurück, wieder durch die wunderbar grüne Landschaft und den so bekannten kleinen Häusern japanischer Architektur.

Es war ein wirklich erholsamer Ausflug, aber selbst in diesem kleinen Ort reicht ein halber Tag nicht aus.