Nach zehn Stunden Zugfahrt mit einer Umsteigezeit von 33 Minuten in Ostberlin, die mit jedem Halt dahinschmolzen, so dass wir tatsächlich 2 Minuten vor der Abfahrtszeit des Zuges nach Danzig am Bahnsteig waren, empfängt uns Danzig mit leichtem Regen. Die Hansetage haben heute begonnen und wir sind sehr gespannt, was uns erwartet.

Der erste – und leider für lange Zeit auch einzige – Hinweis steht direkt vor dem Bahnhof.

 

Ein Taxi bringt uns zu unserer Unterkunft, die wir aus reinem Zufall sehr gut gewählt haben, denn alles ist von hier aus einfach zu Fuß zu erreichen.

Natürlich haben wir uns das reichhaltige Veranstaltungsprogramm angeschaut und festgestellt, dass es hauptsächlich aus Vorträgen und Museumsbesuchen besteht. Das reißt uns nicht wirklich vom Hocker, aber zum Glück gibt es ja auch hier den Hansemarkt, den wir am nächsten Tag als Erstes besuchen. Nun, vielleicht sind wir von anderen Hansetagen schon zu sehr verwöhnt, aber dieser Markt ist schon sehr dürftig: Neben einigen polnischen Städten wie Krakau, Torun (im letzten Jahr Ausrichter des Hansetages), Chełmno, Stargard und Danzig ist der Markt zu 80 % in deutscher Hand, so dass die paar ausländischen Stände kaum auffallen. Außer Infomaterial gibt es auch nicht viel zu sehen.

Einige wenige Standbesetzungen sind wenigstens in traditionellen Kostümen gekleidet, die meisten leider nicht.

Und außer Fischsuppe gab es auch keine kulinarischen Köstlichkeiten

Ein Highlight gab es dann doch: Der Lübecker Shanty-Chor „Möwenshiet“ unterhält mit Seemannsliedern.

Am Nachmittag wollen wir die Kornkammer im „Blauen Lamm“ besichtigen. Es soll ein Vortrag stattfinden über die Bedeutung der Kornkammerinsel für den hansischen Handel in Danzig und es gibt eine Ausstellung über das Leben der Menschen in Danzig zur damaligen Zeit.

Die Anschrift ist bekannt und wir machen uns auf den Weg. Nach einer ziemlich langen Suche geben wir auf. Die angegebene Hausnummer gibt es auf der Straße nicht. Nirgendwo gibt es einen Hinweis auf die Veranstaltung der Hanse. Wir finden an einer Kreuzung Hinweisschilder zu den verschiedenen Sehenswürdigkeiten – sogar auf Englisch –, aber nichts zur Kornkammer, nichts zum Vortrag.

Überhaupt sind die Hinweise zum Hansetag sehr dürftig. Man könnte meinen, er hätte für Danzig nur eine geringe Bedeutung, obwohl doch nicht zuletzt die Hanse für Wohlstand und Reichtum dieser schon zu damaligen Zeiten multikulturellen Stadt gesorgt hat.

Dank Wikipedia finden wir aber am Abend einen Hinweis, wo diese Kornkammer zu finden ist (wir sind ein paar Mal daran vorbeigegangen, ohne sie zu erkennen), und besuchen sie am nächsten Tag. Na toll! Jetzt ist das Museum mit allen möglichen Flaggen und Fähnchen bestückt und man kann gar nicht mehr daran vorbeigehen.

Der Museumsbesuch ist höchst interessant, wird hier doch akribisch mit Filmmaterial beschrieben, wie die Fundstücke von Skeletten und Schädeln vermessen und datiert werden. Gesichtsrekonstruktionen runden diese Abteilung ab. Eine Etage höher sind Szenen aus dem mittelalterlichen Leben dargestellt, untermalt mit den entsprechenden Geräuschen,     z. B. grunzende Schweine, Hammergeräusche, schmatzende Bauern.

Ein weiteres Programm-Highlight ist wahrscheinlich die „Begrüßung der Glocken“. Es handelt sich um drei Glocken, die in Danzig um 1750 gegossen wurden. Zwei der Glocken befanden sich bis jetzt in Lübeck und werden nun an Danzig zurückgegeben, wo sie fortan mit der dritten Glocke vereint in der Fronleichnamskirche ihren endgültigen Bestimmungsort finden. Leider ist dieses Ereignis nur bestimmten Menschen vorbehalten und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.

Am letzten Tag wollen wir uns dann endlich die Ausstellung „Wir haben den Wind zum Segeln … Danzigs Beziehung zur Hanse im 14. bis 16. Jahrhundert“ ansehen. Veranstaltungsort ist das Danziger Hauptrathaus.

Wir hätten sicher viel erfahren können … Leider ist der Haupteingang des Rathauses zugesperrt und es gibt nirgendwo einen Hinweis auf einen Seiteneingang oder die Ausstellung. Wie gut, dass wir nicht die einzigen Personen waren, die Einlass begehrten! Wir wären schier verzweifelt!

Neben dem Eingang befindet sich ein Museum. Auch dort konnte man uns nicht weiterhelfen.

Alles in allem fand ich diese Hansetage enorm schlecht organisiert und das, was wir gesehen haben – also eigentlich nur den Hansemarkt, das Museum ist ja immer zu besichtigen -, recht uninteressant. Für diesen Hansetag hat sich die Reise nach Danzig definitiv nicht gelohnt.

Im nächsten Jahr ist Visby in Schweden Ausrichter. Mal schauen, was man sich dort einfallen lässt.