Das Sightseeing geht weiter.

Am nächsten Morgen entern wir bei strahlendem Sonnenschein eines der historischen Boote, um uns über die Mottlau und den Hafen zur Westerplatte bringen zu lassen, einem wichtigen Ort des 2. Weltkrieges, das erste Angriffsziel des Polenfeldzugs. Womit die Angreifer aber nicht gerechnet hatten: Hier lagerten Sprengstoff und Kriegsgerät, Feldgeschütze und Munition, so dass die Verteidiger eine ganze Woche durchhielten, ehe sie der Übermacht weichen mussten. Diesen Helden wurde hier 1966 ein Denkmal gesetzt, das weithin sichtbar ist.

 

Das Denkmal stellt ein riesiges Schwert dar und symbolisiert den Widerstand des polnischen Volkes.

Ein weiteres Mahnmal befindet sich übrigens vor der ehemaligen polnischen Post, in der sich heute ein Post- und Telekommunikationsmuseum befindet. Das Denkmal wurde an Ort und Stelle 40 Jahre nach dem Angriff vom 1. September errichtet. Die Stahlplastik zeigt einen am Boden liegenden Postbeamten, der sich schützend über seine Briefe legt und der über ihm schwebenden Siegesgöttin ein Gewehr reicht. Um den Kopf der Nike schwirren Friedenstauben. Auch die Post, besetzt mit Zivilisten, spielte eine wichtige Rolle in der Verteidigung Danzigs.

Und da wir gerade beim 2. Weltkrieg sind, der einen hier irgendwie auf Schritt und Tritt begleitet, soll auch das Museum des Zweiten Weltkriegs nicht unerwähnt bleiben. Der Bau ist ein Kubus, der schräg aus dem Boden ragt. In diesem Museum geht es aber nicht vorrangig um die Gräueltaten der Deutschen, sondern auch um polnische Ausschreitungen gegenüber polnischen Juden, Misshandlungen durch Japaner in China oder ethnische Säuberungen in Kroatien. Letztendlich soll hier die Unmenschlichkeit von Kriegen aufgezeigt werden und wie wichtig es ist, für Frieden in Europa und auf der ganzen Welt zu kämpfen.

Während der Fahrt mit dem Boot – die Sonne meint es extrem gut mit uns heute – erfahren wir viele interessante Dinge. Oder besser gesagt: Wir könnten viele interessante Dinge erfahren. Die Informationen sind zweisprachig polnisch-deutsch, aber leider ist die deutsche Sprecherin so gar nicht zu verstehen. Sie ist viel zu leise und das Band wohl auch schon zu abgenutzt. Schade! Aber so genießen wir einfach die schöne Zeit auf dem Wasser.

Wie das Glück es so will, treffen wir am Nachmittag wieder auf unseren Guide von gestern. Er erzählt, dass das Geschäft ziemlich mau läuft an diesem Samstag, und so fragen wir ihn, ob er uns nicht zu weiteren Sehenswürdigkeiten fahren möchte, die zwar auch fußläufig, aber doch etwas beschwerlich zu erreichen sind. Er ist sofort einverstanden.

Als erstes wollen wir den Friedhof der nicht existierenden Friedhöfe besichtigen. Das ist eine recht kuriose Geschichte. Insgesamt 27 Friedhöfe in Danzig wurden nach dem 2. Weltkrieg von der polnischen Regierung eingeebnet. Es sollte nicht einmal unter den Toten noch Deutsche geben. Allerdings hat die Regierung hier die Rechnung ohne die Einwohner Danzigs gemacht. Die nämlich richteten diesen Friedhof der Friedhöfe mit einer denkmalartigen Grabplatte ein, auf der die Symbole aller monotheistischen Religionen der Welt angebracht sind. Mit der Inschrift „…Tym, co imion nie maja“ (zu Deutsch: … denen, die keine Namen haben) wird somit an all jene gedacht, deren Gräber nicht mehr vorhanden sind.

Weiter geht es zum Góra Gradowa oder Hagelsberg. Hier befindet sich der höchste Punkt Danzigs, von dem aus man eine wunderbare Aussicht über die Stadt hat. Es wird vermutet, dass sich hier die ersten Siedler niedergelassen haben. Hier steht auch das Millenniumskreuz als Sinnbild für zwei Jahrtausende Christentum

Unser Guide begleitet uns übrigens die ganze Zeit auf unserem Spaziergang und unterhält uns nicht nur mit weiteren Informationen, sondern zeigt uns auch die Stelle, an der er seiner Frau einen Heiratsantrag gemacht hat – es war sehr romantisch!
Rund um den Hagelsberg befinden sich Festungsanlagen. In einige hat man kleine Szenen des mittelalterlichen Lebens nachgestellt.

Am Fuß des Hagelsbergs befindet sich das Centrum Hevelianum, ein Bildungszentrum, das seit 2018 in den Festungsgebäuden untergebracht ist.

Nachdem wir wieder zwei Stunden mit unserem Guide unterwegs waren, laden wir ihn zu einem Eis ein und er zeigt uns seine Lieblingseisdiele – der absolute Geheimtipp in Danzig: die Paulo Gelateria Lodziarnia Mistrza Polsko – also Eis aus polnischer Meisterhand. Was diese Eisdiele so berühmt macht, ist nicht die Größe oder die Auswahl an Eissorten – die ist mehr als überschaubar –, sondern die Qualität des Eises, das hier täglich aus hochwertigen Zutaten frisch zubereitet wird. Und das schmeckt man auch! Wer möchte, bekommt sein Hörnchen mit einer Schokolandenauskleidung, ehe die Eiskugeln hineingesetzt werden. Und Zeit muss man mitbringen, denn die Schlange vor und in dem kleinen Laden ist nicht gerade kurz.

Also sollte jemand von euch jemals nach Danzig kommen und einen wirklich guten Stadtführer suchen, dann haltet Ausschau nach Maciej Bojanowski, der als selbstständiger Stadtführer meistens vor dem Rathaus anzutreffen ist.

Zurück in der Langgasse überlegen wir, was wir uns noch anschauen könnten, aber irgendwie reicht es für heute – genug gesehen, genug Informationen, genug gelaufen. Also machen wir uns auf den Heimweg, finden ein nettes Restaurant ganz in der Nähe unserer Unterkunft und lassen auch diesen Abend entspannt ausklingen.