Tag 1.

Auch wenn wir in erster Linie wegen der Hansetage nach Danzig gereist sind, haben wir ja trotzdem genug Zeit, diese Stadt und einen kleinen Teil ihrer Sehenswürdigkeiten zu erkunden.

Wir wohnen nicht nur sehr verkehrsgünstig, sondern auch geschichtsträchtig, nämlich in der Stara Stocznia, zu Deutsch „Alte Werft“.  Und tatsächlich befand sich hier früher einmal die Danziger Werft – wobei auch die neue Werft nicht weit entfernt ist.

 

Am Freitagmorgen machen wir uns ausgeruht auf den Weg in die Rechtstadt, die gerne mit der Altstadt verwechselt wird, weil hier alles so „alt“ aussieht. Aber da Danzig ja bekanntermaßen im 2. Weltkrieg in Schutt und Asche gelegt wurde, ist hier alles recht „neu“, aber nach altem Vorbild wieder aufgebaut.

Auf dem Weg in die Stadt kommen wir schon bald an den ersten Sehenswürdigkeiten vorbei: die Schwanenbastei, einem von zwölf Türmen, die die einstige Burg der Kreuzritter im 14. Jahrhundert bewachten. Allerdings handelt es sich hier um einen Nachbau aus dem 16. Jahrhundert, nachdem alles, was mit den verhassten Kreuzrittern verbunden war, zerstört worden war, und erst 1967 wurde der im Krieg leicht beschädigte Turm wieder vollständig restauriert.

In unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich das Krantor, der größte mittelalterliche Hafenkran Europas.

Und gleich daneben ein weiteres Tor,

das direkt in die Langgasse führt, die Prachtstraße Danzigs. Und die ist wirklich eine wahre Augenweide. Die Fassaden so kunstvoll und liebevoll gestaltet, dass man sich nicht sattsehen kann.

Für einen ersten Überblick machen wir eine kleine Stadtrundfahrt mit einem Elektrofahrzeug, das normalerweise bis zu sechs Personen aufnehmen kann, aber wir haben es für uns allein. Unser Guide, ein junger Mann, spricht ausgesprochen gut Deutsch und hat ein ganz enormes Geschichtswissen, so dass diese Fahrt uns schon so viele Fakten und Eindrücke liefert, dass wir sie gar nicht alle behalten können.

Aber bevor wir das Wägelchen besteigen, können wir noch den Neptunbrunnen bewundern. Er wurde bereits 1633 vor dem Artushof aufgestellt und wurde 1634 von einem eisernen Gitterwerk eingezäunt (ob die Danziger damals Angst hatten, Neptun könnte fliehen?).

Im Hintergrund ist das Ferberpalais zu sehen, die bescheidene Unterkunft des damaligen Bürgermeisters Constantin Ferber aus dem Jahr 1560. Der oberste Fries ist mit polnischen und preußischen Insignien sowie dem Danziger Wappen geschmückt. Das Haus war dereinst verflucht, weil sich hier ein Mord ereignet hat (also vor vielen hundert Jahren).

Aber nun geht es auf zur Stadtrundfahrt, zunächst auf Nebenstraßen durch die Rechtstadt, vorbei am 1588 errichteten Hohen Tor, das von Löwen bewacht wird und unter anderem die lateinische Inschrift Iustitia et Pietas duo sunt regnorum omnium fundamenta (Gerechtigkeit und Frömmigkeit bilden die Grundlage aller Königreiche) trägt. Unter dem Relief befinden sich drei Wappen: Königlich-Preußen (links), Polnisch-Litauische Union (in der Mitte) und Danzig (rechts). Traurige Berühmtheit erlangte das Hohe Tor, als hier im Jahr 2019 der damalige Oberbürgermeister Danzigs, Adamowicz, niedergestochen wurde und verstarb.

Das Tor überstand den 2. Weltkrieg fast ohne Schäden.

Übrigens sind nicht nur hier Löwen zu sehen, sondern überall in der Stadt zu finden. Der Löwe ist schließlich das Wahrzeichen der Stadt und natürlich auch im Stadtwappen zu finden.

Neben diversen Kirchen, die wir am nächsten Tag noch genauer in Augenschein nehmen werden, geht es dann zur geschichtsträchtigen Werft, genauer gesagt zum Werfttor 2, hinter dem sich 1980 Lech Wałęsa mit seinen Kolleginnen und Kollegen verschanzt hat und wo wenig später die Gewerkschaft Solidarność gegründet wurde. Hier begannen die größten antikommunistischen Massendemonstrationen, denen wir letztendlich auch den Mauerfall verdanken.

Direkt vor dem Werfttor steht das Drei-Kreuze-Denkmal zum Gedenken an die Toten der Unruhen von 1970. Dass dieses Denkmal hier steht, ist ebenfalls den Streikenden von 1980 zu verdanken, die dieses Monument der Erinnerung in ihren Forderungskatalog einschlossen. Es wurde äußerst stabil errichtet (jedes Kreuz wiegt 36 Tonnen ist 40 m hoch), denn man wollte verhindern, dass das kommunistische Regime es wieder zerstört.

Weiter geht es vorbei an zahlreichen Statuen und Denkmälern, darunter das Reiterstandbild des polnischen Königs Jan Sobieski, berühmt für seinen Sieg gegen das osmanische Heer in Wien (sonst würde unser Guide, wie er lachend erklärt, diese Stadtrundfahrt auf Türkisch machen).

Es war eine sehr kurzweilige Stadtrundfahrt. Unser Guide lässt uns am Hansemarkt aussteigen und von dort ist es auch nicht sehr weit bis zu unserer Unterkunft.
Den Abend lassen wir entspannt in einem China-Restaurant direkt vor unserer Apartmentanlage ausklingen.
Und auch bei Nacht bietet sich uns ein schöner Anblick.