Zwei immersive Ausstellungen in der Westergasfabriek

Mittlerweile dürfte es sich herumgesprochen haben, dass mich immersive Ausstellungen faszinieren.

Über Greenpeace wurde ich nun auf eine besondere Show in Amsterdam aufmerksam: „Das Meer“.  Hier bietet sich die Gelegenheit, den schier unendlichen Reichtum unserer Ozeane zu entdecken, die sich nicht zuletzt durch fragwürdige Ressourcenausbeutung und Verschmutzung  in einem wahrlich fragilen Zustand befinden (so die Ankündigung).

Da die Ausstellung sich auch noch auf dem Gelände des im 19. Jahrhundert größten Gaswerks der Niederlande befindet, der Westergasfabriek, das Anfang der 1990er Jahre zu einer Kulturstätte namens Fabrique des Lumières umgebaut wurde, ist meine Neugier umso größer.

Wie ich dann entdecke, findet zeitgleich eine weitere Ausstellung statt, so dass schnell klar ist: Das wird kein Tagesausflug.

Zu meiner Freude findet sich auch eine Gleichgesinnte, die das Abenteuer mit mir erleben will.

Schnell sind auch die Eckdaten geklärt: nicht am Wochenende, sondern zwei Übernachtungen von Mittwoch bis Freitag. Hotel muss nicht sein, Hostel aber auch nicht, und letztendlich landen wir auf einem Hausboot.

Was auch klar ist: Das Auto bleibt am Hausboot stehen und wir erkunden Amsterdam mit einer Zwei-Tages-Karte für den ÖPNV.

Da wir schon recht früh angekommen sind, parken wir in der Nähe unseres Hausbootes und fahren dann mit der Straßenbahn in die Innenstadt, wobei wir auf dem Weg schon so Einiges zu sehen bekommen. Wir sind doch recht weit außerhalb der Innenstadt gelandet.

 

Der Hauptbahnhof in Amsterdam ist wirklich sehenswert und imposant! Er erinnert mehr an ein Regierungsgebäude denn an einen Bahnhof.

Und in der Nähe finden wir auch gleich die Anleger für die Ausflugsboote zur Stadtbesichtigung auf den Wasserwegen. Das Wetter könnte gar nicht besser sein und so genießen wir die zweistündige Grachtenfahrt, hören den interessanten Erläuterungen unseres Guides zu und bestaunen die vielen schön renovierten Fassaden und Brücken.

Die Basilika St. Nikolaus

Zurück auf unserem Hausboot (eigentlich für 4 Personen, aber mit 2 Personen schon überfüllt) versuchen wir erst mal, unsere Sachen zu verstauen. Es bleibt bei dem Versuch, denn es gibt weder Schränke noch Ablagemöglichkeiten. Gut, dass wir nur zwei Nächte bleiben.

Auch nicht so schön ist der (naturgegeben) schwankende, aber leider unbeleuchtete Steg zum Boot. Jetzt wissen wir wenigstens die Leuchte am Mobilfunkgerät zu schätzen. Geschlafen haben wir dafür wunderbar, denn natürlich hat uns das Boot sanft in den Schlaf geschaukelt.

Unsere „Terrasse“

Am nächsten Morgen heißt es früh aufstehen. Die erste Ausstellung (Hollandse Meesters van Vermeer tot Van Gogh) beginnt schon um 9:45 Uhr und wir haben eine Fahrtzeit von rund eineinhalb Stunden bis zur Westgasfabriek.

Die Westergasfabriek

Ein bisschen Geschichte darf und muss ja sein. Wie schon erwähnt, befand sich hier das 1883 gebaute Kohlegaswerk, das Erdgas für die Beleuchtung der Amsterdamer Straßen produzierte. Das Werk bestand aus mehreren Gasometern, Kohlelagern, Abwasseraufbereitungsanlagen und einem Wasserturm.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Fabrik um einen größeren Gasometer, ein Kesselhaus und eine Wassergasanlage erweitert.

Die Entdeckung riesiger Erdgasvorkommen in den Niederlanden in den 1960er Jahren führte nach und nach zur Schließung der Fabrik.

Danach wurde das Gelände als Lager- und Garagenfläche genutzt und zahlreiche Gebäude, darunter der Wasserturm und zwei der Gasometer, wurden Mitte der 1970er Jahre abgerissen.

1981 dann begann die Umgestaltung in einen Stadtpark. 1989 wurden 22 der ursprünglichen Industriegebäude unter Denkmalschutz gestellt und renoviert.

1993 wurde das Gelände dann für kulturelle und Freizeitaktivitäten der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Geplant waren zunächst Einzelveranstaltungen, z. B. Theaterfestivals, Kunstmessen, Modeschauen usw., aber 2003 fand die Transformation zu einem dauerhaften Kulturzentrum statt.

Seit 2018 steht nun hier die Fabrique des Lumières, die nach erheblichen Umbauten 2022 eröffnet wurde.

Trotz der relativ frühen Morgenstunde ist das Gelände schon gut besucht. Junge Väter und Mütter spazieren hier mit ihrem Nachwuchs oder gönnen sich auf den wenigen schon geöffneten Terrassen einen morgendlichen Kaffee.

Auch für die Ausstellung hatten sich schon zahlreiche Besucher angemeldet.

Der Ausstellungsraum ist recht groß und es befinden sich nur sehr wenige Einbauten darin, so dass man wahrhaftig das Gefühl hat, Teil des Gemäldes zu sein. Zwischen den einzelnen Bildern gibt es immer auch Schrifttafeln mit Erklärungen. In einem Nebenraum werden dann noch einzelne Bilder mit detaillierteren Informationen angeboten. Neben den oben genannten Künstlern werden auch Werke von Rembrandt und Piet Mondriaan gezeigt. 

Alles in allem war es eine sehr interessante Aufbereitung der Werke und die Stunde war viel zu schnell um. Schade, dass man als Zuschauer keine Möglichkeit hat, länger zu verweilen.

Nun ist es aber erst mal Zeit fürs Frühstück. „Das Meer“ ist für die Mittagszeit geplant. Überall auf dem Gelände der Westgasfabriek gibt es zahlreiche Restaurants für jeden Geschmack. So relativ früh am Morgen sind die meisten aber noch geschlossen. Dafür warten schon einige Cafés mit einem guten Frühstücksangebot auf hungrige Gäste.

Nach leckeren Croissants und Heißgetränken machen wir uns dann wieder auf den Weg zur Ausstellungshalle. Auch „Das Meer“ war sehenswert, gehörte aber eher in die Kategorie „nett“. Ehrlich gesagt, hatte ich aufgrund der Empfehlung von Greenpeace doch mehr erwartet als nur schöne Bilder.

Am frühen Nachmittag verlassen wir das sehr schön angelegte Gelände der Westergasfabriek in Richtung Innenstadt. Wir wollen zum Flohmarkt. Den finden wir auch, sind aber wahrscheinlich schon zu spät, denn das Angebot ist mehr als spärlich. Als es dann auch noch anfängt zu regnen, flüchten wir in ein Café und warten den Regen ab.

Unser nächster Weg führt uns zum Anne-Frank-Museum. Und schon wieder erwartet uns eine „Pleite“. Das Museum ist auf Wochen ausverkauft! Wir haben keine Chance, noch eine Karte zu ergattern.

Also laufen wir weiter durch Amsterdam und erfreuen uns an den schönen Dingen, denen wir begegnen. Und das sind als Erstes die „Drei Figuren auf der Straße“, lebensgroße Bronzemenschen.

Der Königliche Palast – gut, dass es eine Hinweistafel gab

Eines ist klar: Amsterdam ist eine schöne, quirlige, lebensfrohe Metropole. Ich denke, es wird nicht mein letzter Besuch gewesen sein. Hier gibt es noch so viel zu entdecken!