Heute also soll es in die Wüste gehen. Aber wer hätte gedacht, was da auf uns zukommt? Vorgewarnt wurden wir jedenfalls nicht.
Heute lernen wir Indien mal von einer ganz anderen, nämlich der materiellen, geschäftstüchtigen Seite kennen. Leider nicht ganz freiwillig …
Am Morgen werden wir von unserem heutigen Fahrer und seinem wartungsintensiven Jeep zur Village Safari abgeholt.

Wir hatten gehört, es geht in die nähere Umgebung, sprich, in die steppenartige Wüste, wo wir durch urwüchsige Dörfer fahren würden und indisches Wildlife zu sehen bekämen. Nun, wir fuhren in die umliegenden Dörfer und zumindest die Straßen waren tatsächlich „urwüchsig“.

Als Erstes, so erklärte unser Fahrer, würden wir indisches Handwerk kennenlernen und er brachte uns zu einem Haus, vor dem ein Töpfer uns stolz zeigte, wie er Tonwaren auf einer Scheibe herstellte, die er selbst immer wieder zwischendurch mit einem Stock auf eine entsprechende Arbeitsgeschwindigkeit brachte. An einer Seite lagerten bereits zahlreiche seiner Werke.


Als nächstes besuchten wir eine Teppichweberei. Der Herr des Hauses und seine Mutter zeigten uns, wie man einen Teppich webt. Zufällig hatte er auch schon einige fertige Teppiche im Hof liegen, die er uns voller Stolz zeigte. Wir müssten nichts kauften, erklärte er, aber wenn, dann könnten wir auch mit Kreditkarte bezahlen und er würde uns die Teppiche auch mit der Post schicken


Als drittes besuchten wir eine Textilfabrik. Uns wurde gezeigt, wie Decken und Ähnliches aus alten Saris geschneidert werden. Wir müssten nichts kaufen, aber wenn … jaja, den Spruch kannten wir ja nun schon (und bisher war er mir nur aus Tunesien und Griechenland bekannt gewesen; hier hätte ich ihn nicht erwartet).



Ein Highlight auf dieser Tour war dann der Besuch bei einem Bauern. Wir durften uns überall umschauen und „in die Töpfe gucken“. Beim Blick in die grasgedeckten Hütten erstaunte die interessante Elektroinstallation am Innenpfahl. Ein Wassertank im Garten wird regelmäßig von einem Tankwagen nachgefüllt.

Der Bauer zeigte uns, wie ein Turban gewickelt wird, und führte uns eine Opiumzeremonie vor. Man war dabei offen für alle unsere Fragen.






Die Anprobe lokaler Gewänder war sozusagen inbegriffen. Ein bisschen Folklore muss ja sein!


Und ja: „Wilde“ Tiere haben wir auch gesehen: 1 Antilope, 1 Gazelle, 2 Pfaue und jede Menge Kühe, Ziegen und Schafe, nicht ganz so wild.



Wir sind wirklich dafür, dass man Handwerker vor Ort unterstützen soll, aber wir fühlten uns heute ein bisschen überrumpelt und vorgeführt. Es geht nicht darum, ob die angebotenen Waren gut oder schlecht waren oder überteuert angeboten wurden, sondern nur um die Art und Weise, wie wir in eine Situation gedrängt wurden, die wir so nicht haben wollten. Die Fahrt war ganz offensichtlich nur auf Verkauf ausgelegt, also nichts Anderes als eine Kaffeefahrt.
Schade, aber wir würden nicht zur Teilnahme an einer Village Safari raten.
Dafür wurden wir am Nachmittag und Abend reichlich entschädigt. Nach der Safari besichtigten wir den Umaid Bhawan Palace, der heute im Besitz von Maharaja Gaj Singh II of Marwar-Jodphur ist. Mit seinen 374 Räumen, einem Thronsaal für Privataudienzen, der Durban Hall für öffentliche Audienzen, Bankettsaal, Ballsaal, Auditorium, Bibliothek, Schwimmhalle, Billardzimmer, vier Tennisplätzen, zwei einzigartigen Squashcourts aus Marmor, Crocket-Plätzen, einem Marmor-Pavillon, Gärtnerei und einer Garage für 20 Luxusautos handelt es sich um einen der größten Paläste weltweit. Heute wird die Hälfte des Palastes als Hotel genutzt, 2 Säle stehen als Museum zur Verfügung. Der Rest wird vom Maharaja immer noch privat genutzt. Ich enthalte mich lieber jeglichen Kommentars.





Auch kleine indische Prinzen spielen mit der Eisenbahn

Interessante Wohnhäuser
Vom Palast aus führte uns der Weg zum Markt in der Altstadt. Rund um den „Clock Tower“ herrschte quirliges Leben. Händler neben Händler, kleine Ladengeschäfte, Einheimische und Touristen wuselten umeinander. Es war laut und hektisch und das bunte Treiben einfach ansteckend. Es war kaum möglich, bei dieser Auswahl und Fülle die „richtigen“ Entscheidungen zu treffen, was wir kaufen sollten. Obwohl ja hier kaum jemand Deutsch spricht, hatten die Händler zwei wichtige Wörter gelernt: „Kuck mal …“ – und das war so niedlich, dass wir nicht widerstehen konnten und gucken mussten. Leider blieb es nicht beim Gucken und langsam leiden unsere Koffer unter Platznot.


Am Abend wartete noch ein besonderes Erlebnis auf uns. Wir wurden zum Essen „On the Rocks“ eingeladen. Dieses Restaurant in Jodhpurs Zentrum ist ein Gartenlokal, umgeben von Felsen. Die Tische sind von unten beleuchtet und mit den Kerzen auf dem Tisch bilden sie kleine Lichtinseln im ansonsten lichterlosen Raum. Wir verbrachten einen sehr netten Abend in Begleitung unseres Gastgebers, Chandrashekhar, und zwei reizenden Mitreisenden, einer 76-jährigen Lady aus England, die seit acht Jahren hierher kommt, und einer älteren Dame aus der Schweiz.
Leider ist damit unser Aufenthalt in Jodhpur zu Ende. Wir bedauern wirklich, dass wir weiter müssen.
Ab morgen nehmen uns ein Fahrer und ein Guide für den Rest der Reise unter ihre Fittiche.
